Der Staufner Fasnatziestag in oberstaufen
Die Geschichte & Bedeutung der wichtigsten Tradition Oberstaufens erklärt
Während in anderen Orten am Faschingsdienstag das Ende der Narrenzeit gefeiert wird, zählt dieser Tag für viele Oberstaufener zu den bedeutendsten Tagen im Jahr. Der Staufner Fasnatziestag ist das älteste und lebendigste Brauchtumsfest in der Allgäuer Marktgemeinde Oberstaufen und hat nichts mit dem klassischen Fasching zu tun.
Hoch lebe der STAUFNER FASNATZIESTAG
Schaut man sich an diesem Tag in Oberstaufen um, fällt auf: Es wird Tracht getragen. Weder Kostüme noch Masken sind auf den Straßen zu sehen. Und das ist auch gut so, denn der Staufner Fasnatziestag erinnert an das Jahr 1635, in dem im ehemaligen Markt Staufen die Pest wütete und das Leben von 700 Einwohnern jäh auslöschte. Es herrschte tiefe Trostlosigkeit und Trauer unter den Überlebenden.
Graf Hugo von Königsegg-Rothenfels regierte zu dieser Zeit über Staufen, das damals zur Grafschaft Königsegg-Rothenfels gehörte. Um neuen Lebensmut in die Bevölkerung zu bringen, lud er die Söhne der verbliebenen Staufner Familien in sein Schloss ein und bewirtete sie. Einem übergab er eine Fahne mit dem Auftrag, diese künftig jedes Jahr am „Fasnatziestag“ (=Faschingsdienstag) in einem Umzug durch den Ort zu tragen. Der Tag solle künftig in froher Gemeinschaft begangen werden, als Zeichen des Neuanfangs und mutigen Zusammenhaltens aller Überlebenden, der Not zum Trotz.
Am 13. Februar 2024 jährt sich der Staufner Fasnatziestag zum 389. Mal.
Doch was macht diesen Tag bis heute so besonders? Und wie wird die Tradition gelebt? Das haben wir Jan (Vater) und Jonas (Sohn) Fässler, aus einer der alteingesessenen (Ober-)Staufner Familie, gefragt.
was bedeutet der Staufner Fasnatziestag für euch?
Antwort Jan:
Mein Vater bekleidete 1947 und 1948, nachdem er 1946 aus dem Krieg heimgekehrt war, das Amt des Tambourmajors. Dies war eine entbehrungsreiche Zeit und der Fasnatziestag hatte vielleicht eine noch wichtigere Bedeutung als heute. Seine Geschichten habe ich noch gut in Erinnerung.
Antwort Jonas:
Für mich ist der Fasnatziestag einer der schönsten Tage im Jahr. Schon von klein auf freuten wir Kinder uns darauf, den ganzen Tag draußen unterwegs zu sein, vom Butz gejagt zu werden und einen tollen Tag zu erleben. Vor allem aber das Geheimnisvolle, hat mich immer sehr neugierig gemacht. Man durfte nämlich nie in die Lokale hinein, man wusste nicht, was wirklich hinter den Türen passiert, wann der Butz wieder heraus kommt und einen jagt und was als nächstes geschieht.
Was ist die Funktion des "Butz"?
Die Funktionen bzw. Aufgaben des „Butz“ sind vielschichtig. Am Fasnatziestag führt er in seinem „Fleckleshäs“ (Allemannisches Narrengewand) tänzelnd den Umzug an, zudem reinigt er die Besucher von der Pest, indem er mit seinem Reisigbesen deren Füße sowie die Türstöcke der Häuser kehrt. Am Ende des Tages stirbt der Butz den symbolischen Pest-Tod.
Aber die wichtigste Aufgabe des Butz ist es, den Kindern hinterher zu springen, die ihn mit „Butzbä, juhö“-Rufen „tretzen“.
Um Punkt 18 Uhr dreht er am Kirchplatz noch drei letzte Runden und bricht danach tot zusammen. Dann wird er von den Trommlern auf deren Schultern weggetragen. Nach einigen Metern lassen ihn die Trommler auf den Boden zurück, worauf er auf kürzestem Weg nach Hause rennt. Selbst auf diesem kurzen Weg, und obwohl die Aufgabe des Butz mit dem Tod beendet ist, lassen die Kinder nicht von „ihrem“ Butz ab und verfolgen ihn meist noch bis an seine Haustüre.
Neben dem butz gibt es einige weitere Ehrenämter. Welche sind das?
Antwort Jonas:
Die Fahnensektion besteht aus sieben jungen Oberstaufenern, die für ein Jahr gewählt werden. Das zweitwichtigste Amt nach dem Fähnrich gehört seinem Vize. Zur Sektion gehören außerdem noch drei Fahnenbrüder, der Tambourmajor und die Trommler. Alle werden von ihren „Föhla“ (=Mädchen) begleitet und jeder bzw. jede hat seine/ihre eigene, über die Jahre hinweg überlieferte Aufgabe zu erfüllen.
Kann denn jeder an diesem besonderen Festtag teilnehmen?
Antwort Jonas:
Ja, alle können an diesem Tag teilnehmen und wir freuen uns über jeden, der am Fasnatziestag mit uns feiert. Nur der Umzug sowie die „Ma- und Wibertour“ (Verheiratete Frauen feiern mit ledigen Burschen und ledige Föhla mit verheirateten Männern – jeweils in separaten Lokalen) ist ausschließlich den Staufnern vorbehalten.
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Lea Schädler
Ob direkt am Gast oder hinter den Kulissen im Marketing-Team von Oberstaufen Tourismus: Egal wo, Lea hat immer ein Grinsen und einen Geheimtipp parat. Im Winter ist sie am liebsten mit ihrem Instrument beim "Silvesterblasen" mit ihrer Blasmusik unterwegs, um Ein- und Anwohner musikalisch "A guat's neis Johr!" zu wünschen.